Angesichts des Klimawandels gibt es immer mehr Journalisten und Wissenschaftler, die uns weismachen möchten, dass eine Änderung des Konsumverhaltens Einzelner sinnlos ist und das der Zug in den Abgrund sowieso nicht mehr zu bremsen wäre. Alles schon zu spät? Der Autor dieses Beitrags ist der Meinung, dass genau die Absurdität einer Verhaltensänderung des Einzelnen der Schlüssel für eine Wende ist.
Die Welt ist verloren. Alle Massnahmen zur Rettung der Welt kommen zu spät. Was macht es eigentlich für einen Sinn, das eigene Leben zu verändern, wenn die anderen alle so weitermachen wie bisher? Venedig ist nicht mehr zu retten. Jakarta auch nicht – die indonesische Regierung flüchtet in eine neue Hauptstadt. Die Ziele des Pariser Klimaabkommens – nicht zu erreichen. Wenn ich mit der Bahn fahre, an Stelle das Flugzeug zu benutzen, fliegt das Flugzeug doch trotzdem. Und so lange keine durchgreifenden Gesetze geschaffen werden, die dem Wahnsinn der Zerstörung der Natur ein Ende setzen, wird sich gar nichts ändern.
Das klingt entmutigend, das ist frustrierend – aber es ist wohl wahr. Ja, ich bin der Auffassung, daß wir langsam aber sicher am Ende einer Epoche angekommen sind, die vor ein paar tausend Jahren begonnen hat. Damals gab es eine in der Bibel dokumentierte Aufforderung, sich die Erde Untertan zu machen. An dieser Stelle beginnt ein komplexer (christlicher) Irrweg, dessen Konsequenzen heute immer deutlicher sichtbar werden. Damals wurde (von Menschen, die einen Gott erfanden, der ihre Vorgehensweise legitimiert) ein Weltbild erschaffen, in dem der Mensch nicht mehr Teil der Natur ist. Eine Trennung mit fatalen Folgen.
Konsequent wurde über Jahrtausende alles niedergemacht, was sich der Doktrin biblischen Denkens in den Weg stellte. Mit der Natur verbundene Völker wurden als „Primitive“ klassifiziert und ausgerottet. Wer überlebte, musste sich missionarischen Umerziehungsmassnahmen beugen. Mit der Natur zu leben wich der Ausbeutung ihres Reichtums.
Damit kommen wir jetzt zu einem Ende. Die Welt, wie wir sie kennen, ist am Ende. Die Natur hat wirklich keinen Grund mehr, uns Menschen noch besonders freundlich gesonnen zu sein.
Was in den vergangenen Jahren immer offensichtlicher wird, wirkt für mich persönlich weder frustrierend noch demotivierend. Das Desaster eines menschengeschaffenen trennenden Denkens wird offenbar. Es heisst im neueren Teil der Bibel beim Evangelisten Johannes: „Am Anfang war das Wort. Und das Wort war bei Gott. Und Gott war das Wort“. Das Wort (griechisch „Logos“) und ein menschengeschaffener Gott werden zur Grundlage alles Trennenden. Das Leben wird polarisiert und die Umwelt wird zu „Dingen“, die ausserhalb von einem selber liegen.
Es gibt keine Dinge, die ausserhalb liegen oder voneinander getrennt sind.
Um hier klarer zu werden und mich auch von meiner eigenen christlichen Sozialisation immer mehr zu lösen, hat mir die Beschäftigung mit Meditation geholfen. Gleichzeitig haben mich meine Erkenntnisse in den vergangenen Jahren politischer werden lassen. Ich bin definitiv der Auffassung, dass sich auf politischer Ebene etwas ändern muss. Es ist aber auch die Frage, ob unser aktuelles System in der Lage ist, den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Und wir würden auch in einer Ökodiktatur, die alle Menschen kontrolliert, damit sich jeder an die Ökoregeln hält, kein bißchen glücklicher sein.
Für mich braucht es einen neuen politischen Ansatz, der damit beginnt, dass der Einzelne in die Lage versetzt wird, eigenverantwortlich und unter einem minimalen Grad an Manipulation, in seinem gesellschaftlichen Umfeld aktiv zu werden.
Es kann sich nur etwas verändern, wenn ich als Einzelner Spass daran finde, die Dinge in die Hand zu nehmen und mein Leben mehr mit der Natur zu verbinden. Auch wenn das noch so absurd klingen mag: Ich bin der Auffassung, dass die Welt nicht mehr zu retten ist und beginne genau aus diesem Grund damit, in meinem persönlichen Leben zu schauen, wie ich respektvoller als bisher in der Welt leben kann. Und es spielt keine Rolle, was Du hier für Massnahmen ergreifst. Mir bringt es z.B. Spass, Lebensmittelverpackungen immer wieder zu verwenden. Ich habe dabei mit den Jahren herausgefunden, dass so eine Verhaltensänderung Aufmerksamkeit und Nachahmer findet.
Mein Weg ist nicht, neue Regeln zu befolgen. Sondern Freude daran zu finden, in meinen unterschiedlichen Lebensbereichen kreativ herauszufinden, was es für mich bedeutet, mein Leben achtsam und respektvoll gegenüber dem Leben an sich zu gestalten. Meditation unterstützt mich dabei.
Die Welt ist verloren – ergreifen wir also die Initiative. Und es geht nicht darum, warum ich etwas tue und welchen Sinn es hat, sondern DASS ich damit beginne, mein Leben immer mehr in seiner Verbindung zum Ganzen zu sehen.

		


Und so heisst sein 2011 erschienenes Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ und beschreibt auf etwa 500 Seiten 100.000 Jahre Homo Sapiens. Ja, 100tausend Jahre – denn wer meint, die Wiege der Menschheit wäre mit dem Beginn unserer oder irgendeiner anderen Zeitrechnung eines existierenden Kulturkreises identisch, befindet sich (noch) in der Blase der eigenen Vorstellungen. Dabei hatten unsere Vorfahren, die im Austausch mit der Natur lebten, sogar ein grösseres Gehirn als wir. Das Individuum musste damals viel komplexer denken, als wir es heute zum Überleben brauchen. Wie alle Bücher Hararis ist hier Geschichte u.a. auch wegen vieler amüsanter Exkurse einfach zu lesen. Wer sich z.B. einmal mit der geschichtlichen Entwicklung des Rasens beschäftigt hat, wird den Schmuck vieler Gärten vermutlich in Zukunft ganz anders betrachten.
Konkret sind wir als Menschen zum aktuellen Zeitpunkt dabei, die Kontrolle an Instanzen abzugeben, die wir niemals dazu autorisiert haben, unser Leben zu beherrschen und zu gestalten. Wir erleben eine Akkumulation von Besitz in den Händen ganz weniger Menschen. Es bildet sich eine Elite heraus. Diese Gruppe der Gesellschaft hat die finanziellen Ressourcen und die technischen Mittel, durch eine Verbindung zwischen Mensch und Maschine ein Wesen zu schaffen, das dem Homo Sapiens, wie wir ihn kennen, bei weitem überlegen ist. In der Konsequenz dieser Entwicklung ist es wahrscheinlich, dass das Verhältnis zwischen dem von Harari genannten Homo Deus zum uns bekannten Homo Sapiens ähnlich sein wird, wie unser aktuelles Verhältnis zu domestizierten Tieren. In anderen Worten: Eine kleine Gruppe von Übermenschen macht mit uns, was wir aktuell mit Tieren tun. Homo Sapiens in der Rolle des Mastkalbs. Klingt nach Science Fiction? Nein, wir stehen wirklich vor der Entscheidung, ob wir den Menschen, wie wir ihn heute noch als Menschen definieren, in Kürze aufgeben wollen.
In den vergangen Jahren wurden auf der Basis der gezielten Manipulation von Individuen Wahlergebnisse erzielt, die es ohne „soziale Medien“ in der Hand von selbsternannten Weltverbesserern nie gegeben hätte. Ergebnis dieser Form von Beeinflussung ist u.a. der Ausgang der amerikanischen und der brasilianischen Präsidentschaftswahlen, als auch die Entscheidung Grossbritaniens, die EU zu verlassen. Wer zu diesem Themenkomplex Hintergrundwissen sucht, kommt um Shoshana Zuboffs „Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus“ nicht herum. Zuboff hat in mehrjähriger Recherche auf über 700 Seiten das wohl umfassendste aktuelle Werk zu diesem Thema geschaffen. Und mit grosser Wahrscheinlichkeit greift auch die Taschenlampe auf Deinem Smartphone Daten von dir ab, die irgendjemand, von dem Du nichts weisst, an irgendjemanden, von dem Du ebensowenig weisst, mit einem Ziel, von dem Du auch nichts weisst, verkaufen wird …
Das Denken Putins und seine ideologischen Wurzeln zu verstehen bedeutet, die Gesamtlage in Europa und den USA besser zu verstehen. Snyder analysiert, wie Putin Konflikte erfindet, um von den internen Problemen seines Landes abzulenken. Homosexuelle und Juden werden wieder als Feinde aufgebaut. Gleichzeitig findet eine permanente Einmischung in die Politik anderer Staaten statt - der aktuelle amerikanischer Präsident, der Ausstieg Grossbritaniens aus der EU, der Aufstieg rechtgerichteter Parteien in Deutschland, Italien, Frankreich und in anderen Ländern – das alles ist laut Snyder in Putins Interesse. Dafür führt Russland einen Cyberkrieg, den es so nie zuvor gegeben hat. Snyder übersieht an manchen Stellen vielleicht Faktoren, die auch Teil des Ergebnisses sind, aber seine Recherchen sind gleichzeitig von den Quellen her einzigartig. Wer mehr über diese Themen wie auch die Besetzung der Krim und den Krieg gegen die Ukraine erfahren möchte, wird in diesem Buch Fakten über die Hintergründe finden. Und erfahren, wieso es im Interesse der russischen Oligarchie war, in Syrien zu bombardieren, damit 100tausende von Syrern sich auf den Weg nach Deutschland machten …
Zurück zu den Büchern von Noah Harari. Im Gespräch mit Leser*innen und den  Besucher*innen seiner Veranstaltungen entstand 2018 sein drittes Buch mit dem Titel „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“. 21 Kapitel beschäftigen sich mit den Schlüsselfragen unserer Zeit, klar strukturiert, einfach und streckenweise unterhaltsam zu lesen. Hier gibt es viele Anregungen, selber weiterzudenken. Das ist für mich eh das Faszinierende an Hararis Büchern – während bei fast allen mir bekannten Autoren, die sich mit der Lage unserer Gesellschaft befassen, ein Gefühl von Ausweglosigkeit dominiert, bleibt Harari seiner sachlichen Gelassenheit treu. Er überlässt es der Leser*in, sich zurückzulehnen und die weitere Fahrt seines oder ihres Lebens zu geniessen, wenn er oder sie die eigene Zukunft gerne den Algorithmen überlassen möchte. „Wenn du aber noch irgendwie die Kontrolle über dein persönliches Dasein und die Zukunft des Lebens behalten willst, so musst du schneller sein als die Algorithmen, schneller als Amazon und die Regierung, und dich selbst erkennen, bevor sie es tun.“ („21 Lektionen …“, Seite 353)



Das 
Die Meditierer sind eine davon und Du findest sie auf Platz 49. Das ist für mein Gefühl eine gute Startnummer. Vor uns auf Platz 48 befindet sich DIE LINKE, direkt hinter uns auf Platz 50 kommt DIE MITTE, auf Platz 51 outen sich DIE BIKER als „die wahren Demokraten“ und auf Platz 52 bemüht sich die Partei DIE RECHTE um den Heimatschutz. Ich finde, wir sind in diesem Umfeld sehr gut aufgehoben. Von links bis rechts ist alles ganz nah dran. Gleichzeitig passen wir in keine der vorhandenen Schubladen.
